Das Stadtmuseum Abensberg zeigt von 20.09.2024 bis 1.06.2025 eine große Sonderausstellung, die Planung und Umsetzung des Eisenbahnbaus ebenso beleuchtet wie die vielfältigen Auswirkungen des infrastrukturellen Wandels auf die Region und ihre Menschen.
Die Sonderausstellung „Zum Zug gekommen! 150 Jahre Eisenbahn in Abensberg“ beschäftigt sich vom 20.09.2024 bis 1.06.2025 mit dem Eisenbahnbau in Abensberg im 19. Jahrhundert sowie die vielfältigen Auswirkungen dieses infrastrukturellen Wandels:Â
Am 1. Juni 1874 war Abensberg in Feierlaune, denn zum ersten Mal schnaufte eine Eisenbahn am neu gebauten Abensberger Bahnhof! Die Schuljugend, ihre Lehrer, die Geistlichkeit, der Stadtmagistrat und viele Ehrengäste zogen in einem Festumzug vom Stadtplatz die neue Bahnhofstraße hinauf, um diese Sensation zu feiern. Denn in nur wenigen Jahren war die Strecke der sogenannten Unteren Donautalbahn von Ingolstadt nach Regensburg geplant und umgesetzt worden.
Den Feierlichkeiten am 1. Juni 1874 war ein lebhaftes Ringen vorausgegangen. Das bayerische Bahnfieber war ausgebrochen und viele Städte und Gemeinden erkannten die Vorteile eines Bahnanschlusses, aber dennoch waren nicht alle Bemühungen erfolgreich. Neben Abensberg forderte zum Beispiel auch Kelheim, bei der Streckenführung bedacht zu werden. Die Planungen, einen Tunnel an der „Weltenburger Enge“ zu bauen, waren sogar weit fortgeschritten. In zahlreichen Bittgesuchen und Eingaben vertrat der Abensberger Stadtmagistrat aber selbstbewusst die eigene Position: Die Streckenführung über Abensberg sei günstiger, schneller und wirtschaftlich effizienter. Ihre Argumente überzeugten die königlich-bayerische Eisenbahnpolitik und ihre Entscheider: Abensberg kam, im wahrsten Sinne des Wortes, zum Zug.
„Es machte einen großen Eindruck auf uns Kinder, als am 1. Juni 1874 bei Eröffnung der Donautalbahn die erste Eisenbahn in Abensberg eintraf. Ganz scheu wichen wir vor diesem gewaltigen Ungetüm zurück, das schnaufend, pustend und rauchend daherstürmt. Bald ahmten wir Buben beim Laufen die Eisenbahn nach, indem wir mit unserem Arm die Kurbel imitierten, zuerst langsam gingen und dann allmählich in das Renntempo übersetzten.“ – So hielt es der Abensberger Heimatschriftsteller Franz Xaver Osterrieder in seinen Erinnerungen fest. Die Begeisterung über die moderne Technik war aber auch von großer Skepsis und Sorge begleitet. Die Angst vor dem schnaubenden Ungeheuer war präsent, dir Sorge vor schnellem wirtschaftlichen und sozialen Wandel war groß.
Die Ausstellung im Stadtmuseum Abensberg im Herzogskasten entknotet nicht nur die dichte Ereigniskette im Vorfeld des Bahnbaus, sondern rückt die kulturgeschichtlichen Fragen der Zeit in den Mittelpunkt. Der Anschluss an das Schienennetz veränderte die Region nachhaltig – wirtschaftlich, kulturell und sozial. Er setzte einen Strukturwandel in Gang, der alle Lebensbereiche der Menschen betraf und bis heute wirkt.
Was hatte also die Eisenbahn mit der Gründung einer evangelischen Gemeinde in Abensberg zu tun? Warum brachte sie Münchner Bier in die Wirtshäuser und wie reagierten regionale Handwerksbetriebe auf den größeren Konkurrenzdruck in den Großstädten? Was hat es mit einer der ersten E-Strecken Deutschlands in Offenstetten auf sich und warum kamen im Sommer 1903 mehrere tausende Soldaten in die Region, um eine provisorische Feldbahn zu bauen?
Diese und viele weitere Fragen werden auf der „Rundfahrt“ durch die regionale Eisenbahngeschichte beantwortet. Besucherinnen und Besucher können Zugmodelle, einen Nachbau des Abensberger Bahnhofs sowie der Eisenbahnbrücke über die Abens bestaunen – für diese wurde übrigens eigens der Flusslauf verlegt! Die Ausstellung trägt erstmals großflächig Dokumente und Fotografien aus überregionalen Sammlungen und Archiven zum Thema zusammen. Für das echte Reisefeeling kann man es sich auf historischen wie modernen Zugsitzen bequem machen und immerhin virtuell auf den Schienen der Unteren Donautalbahn gleiten.